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„Gerade für den ländlichen Raum sind Studienaussteiger interessant“

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Warum Studienabbrecher so wertvoll für den Arbeitsmarkt sind und wie gerade kleine Unternehmen von ihnen profitieren können, erklärt Dr. Theresa Wand, Hochschulkoordinatorin der TU Freiberg.

Wer ein Studium abbricht, hat nichts vorzuweisen? Diese Annahme ist längst überholt! Im Studium erworbene Fähigkeiten sind durchaus wertvoll für den Arbeitsmarkt, auch wenn sie am Ende nicht zu einem Studienabschluss geführt haben. 29 Prozent der Studenten – also jeder Dritte bis Vierte – brechen heute das Studium ohne Abschluss wieder ab. Ein Studienabbruch ist also durchaus keine Ausnahme mehr. Doch das Potenzial dieser jungen Menschen wurde bisher selten ausgeschöpft, da weder Hochschulen noch Ämter so recht wussten, was mit ihnen anzufangen ist.

Schnittstelle zwischen Studenten und Unternehmen

Orientierungshilfe geben hier seit einiger Zeit Netzwerke wie beispielsweise das Leuchtturmprojekt „Quickstart Sachsen“ – sowohl für Rat suchende Studenten als auch Unternehmen, die die Potenziale von Studienabbrechern nutzen wollen. Das Projekt läuft seit 2017 und ist ein Zusammenschluss aus neun sächsischen Hochschulen, den Agenturen für Arbeit, Beratungsinstitutionen sowie einigen Kammern wie der IHK oder der Handwerkskammer. Quickstart ist die Schnittstelle, die Studenten und Unternehmen zusammenbringen will.

Hilfe gerade in ländlichen Regionen

Besonders Unternehmen in ländlichen Regionen sind vom Mangel an Auszubildenden und Fachkräften betroffen. Am Beispiel Sachsen lässt sich so ein Szenario gut aufzeigen: An den Hochschulen des Freistaats gibt es viele Studenten aus anderen Bundesländern. „Wer hier sein Studium abbricht und nicht weiß, was er machen soll, geht meistens wieder zurück in die Heimat“, sagt Dr. Theresa Wand, Koordinatorin von Quickstart an der TU Freiberg, einer der teilnehmenden Hochschulen. „Diese Studenten sind damit für den sächsischen Arbeitsmarkt verloren. Ein frühzeitiger Ansatz mit einer schnellen Neuorientierung der Abbrecher, wie ihn Quickstart bietet, ist also besonders wichtig“, so die Koordinatorin. Die Hochschule mit Studentenwerken, Studienberatung und anderen internen Partnern sei ein wichtiger Teil in der Vermittlung.

Chance für Kleinbetriebe

Im Visier des Projekts sind vor allem Klein- und Kleinstunternehmen, die im Gegensatz zu Mittelständlern oder Großunternehmen den Mangel an geeigneten Bewerbern besonders spüren. „Sie haben oft großes Interesse an Studienabbrechern, sind aber weniger attraktiv für Arbeitnehmer“, sagt Theresa Wand. Viele Studienabbrecher wollten nicht aus der Stadt weg, erhofften sich dort mehr Chancen und von größeren Unternehmen mehr Sicherheit. Kleine Betriebe sind aber nun mal vor allem im Ländlichen angesiedelt. Und sie haben aufgrund ihres geringeren Bekanntheitsgrads und der Größe des Unternehmens meist keine Kapazitäten, um Bewerber überhaupt auf sich aufmerksam zu machen.

Rat an Unternehmen: Investition in den Nachwuchs

Studenten erhoffen sich durch ein Studium oft mehr Karrierechancen. Dieser Aufstiegswille ist auch nach dem Studienabbruch noch da, und so sind sie langfristig gut geeignet für den Führungsnachwuchs im Unternehmen, weiß Theresa Wand. Diesen Willen sollten Unternehmen für sich nutzen und die Mitarbeiter durch Weiterbildung oder berufsbegleitendes Studium unterstützen. Letztlich auch, um ihr eigenes Überleben zu sichern. „Gerade im ländlichen Raum ist die Auswahl an Bewerbern an Facharbeitern nicht mehr so groß, da muss es zu einem Umdenken kommen“, sagt Theresa Wand von Quickstart. Das sei aufwendig, aber langfristig komme kein Unternehmen dran vorbei.