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Manieren kann man studieren

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Viele Auszubildende haben Probleme mit dem richtigen Umgang. Wie Sie helfen können und welche Angebote es gibt.

Nach der Schule in die Ausbildung – und dann? Nicht immer klappt der Übergang reibungslos: Denn während sie den Ausbildungsbetrieben mit ihrer Digitalkompetenz weiterhelfen können, hapert es bei den Auszubildenden oft an Auftritt und Kommunikation. Wir zeigen, worauf es dabei ankommt – und was zu tun ist, wenn es Probleme gibt.

Der Auszubildende, der Menschen im Supermarkt unfreundlich begegnet, während er Arbeitskleidung trägt; die Mitarbeiterin, die von einer Kundin auf einem Stadtfest freundlich angesprochen wird und harsch mit „Ich habe frei“ antwortet: Situationen wie diese fürchten viele Arbeitgeberinnen und -geber. Denn ein guter Außenauftritt ist nicht nur wichtig für die Auszubildenden, sondern letztlich auch für den Erfolg des gesamten Unternehmens. Das Verhalten der Mitarbeitenden fällt immer darauf zurück.

Laut einer Umfrage des deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) aus dem Jahr 2019 stellten die befragten Ausbildungsbetriebe bei über einem Drittel der Bewerbenden mangelnde Umgangsformen fest – und das in einer weitgehend konstanten Zahl seit 2008. Der DIHK weist aber auch darauf hin: Als Digital Natives können die jungen Bewerberinnen und Bewerber gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung der Betriebe leisten.

Die Ausbildung in drei Abschnitten

„Als Mitarbeiter wird man auch ein Mitunternehmer“, sagt Hannelore Bostick. Zusammen mit dem Redakteur Hans-Joachim Wiehager hat die Unternehmensberaterin den Ratgeber „Hilfe! Benimm-1×1 für das junge Handwerk“ herausgebracht. Einige Tipps des Buchs sind speziell auf Handwerksberufe zugeschnitten, während andere sich auf viele Branchen übertragen lassen. „Ganz zentral in jedem Ausbildungsberuf ist, dass die Menschen plötzlich deutlich mehr Verantwortung tragen als noch in der Schule“, erläutert Bostick. Sie unterteile die Ausbildung in drei Abschnitte: „Im ersten Jahr geht es vor allem um den Übergang von der Schule ins Arbeitsleben, im zweiten Jahr stellen sich schon andere Fragen“, erzählt Bostick. Themen wie Pünktlichkeit, Arbeitskleidung, Pausenregelungen oder die Handynutzung stünden dann im Vordergrund, während es im dritten Jahr vor allem um die Zeit nach der Ausbildung gehe: „Denn es ändert sich einiges, wenn man ausgelernt hat. Als Geselle sollte man sich anders verhalten als während der Ausbildung.“

Dass einige Arbeitgeber mit ihren Auszubildenden hadern, hört Bostick häufig. Die Gründe dafür seien vielfältig. In vielen Familien mangele es schlicht an Zeit, den Jugendlichen bestimmte Regeln beizubringen – das beginne schon ganz praktisch bei der Frage, wie man selbst seinen Tag strukturiert. Trotzdem würde die Trainerin nicht sagen, dass die Qualität der Bewerberinnen und Bewerber zurückgegangen sei: „Sie bringen heute andere Fähigkeiten mit, bringen sich teils viel stärker ein. Wenn sie ein Problem haben, machen sie oft einfach ein Foto und fragen ihren Chef, wie man es löst. Das hat früher niemand gemacht.“

Die Kompetenzen, die dabei vermeintlich auf der Strecke bleiben, lassen sich trainieren – und sie sind auch unabhängig von der Ausbildung grundlegend für die persönliche Entwicklung. Die Knigge-Akademie hat die kulturelle Intelligenz und anlass- und adressatengerechte Umgangsformen als Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts identifiziert, über alle Branchen und Altersgruppen hinweg. In vielen Berufen hat sich daneben gezeigt, dass Diversität kreativere und innovativere Lösungen hervorbringt. Dafür sind gute Kommunikation und gegenseitiger Respekt wichtig, besonders wenn einmal hitziger diskutiert wird.

Offenes Gespräch statt erhobenem Zeigefinger

Wenn Arbeitgeber feststellen, dass sie mit dem Auftreten ihrer Auszubildenden unzufrieden sind, sei es wichtig, hier zuerst ein offenes Gespräch zu suchen. „Der erhobene Zeigefinger ist immer das falsche Lehrprinzip“, sagt Bostick, „denn die meisten Menschen begehen Fehler aus Unwissenheit, nicht aus Bosheit.“ Stattdessen sollten Arbeitgeber die Hand reichen, indem sie beispielsweise fragen, ob die Auszubildenden Interesse an einer Schulung haben.

In ihren Kursen setzt Bostick auf spielerisches Lernen: „In kleinen Workshops lernen die Azubis, wie sie sich in bestimmten Situationen am besten verhalten sollten. Das können Kundengespräche sein, aber auch Small Talk an der Kaffeemaschine oder die Kommunikation mit dem Chef.“ Im Anschluss werden diese Situationen in Rollenspielen geübt. Das Feedback sei überwiegend sehr positiv: „Die jungen Menschen freuen sich, dass sie einige neue Kommunikationskompetenzen erlernt haben.“

Quelle: Faktor A – Bundesagentur für Arbeit