Muss ich alle aus dem Team
einladen? Was ist, wenn Mitarbeiter nicht zur Weihnachtsfeier kommen? Was gilt
als Arbeitszeit? Manche arbeitsrechtlichen Regeln bei Weihnachtsfeiern sind
überraschend
1. Der Arbeitgeber muss alle Mitarbeiter zur Weihnachtsfeier einladen.
Irrtum! Arbeitgeber müssen nicht alle einladen (auch wenn es sicher einen besseren Eindruck macht, wenn sie es tun). Chef oder Chefin können also selbst bestimmen, wen sie dabeihaben wollen. Doch Mitarbeiter können sich durchaus wehren, wenn sie nicht zur Weihnachtsfeier eingeladen wurden, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht. „Sollten Sie nach einem kollektiven Prinzip alle oder einen größeren Teil der Arbeitnehmer zur Weihnachtsfeier einladen, könnte sich aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsanspruch ergeben, dass einzelne Mitarbeiter nur aus einem sachlichem Grund von der Einladung ausgenommen werden können.“
Was aber wäre so ein „sachlicher Grund“? Mitarbeiter müssen es zum Beispiel hinnehmen, nicht mitfeiern zu können, wenn sie den laufenden Betrieb aufrechterhalten müssen, also ein „dringender betrieblicher Sachgrund“ besteht.
Auch wenn es kein Gesetz gibt, das vorschreibt, dass der Chef alle Mitarbeiter einladen muss: Mit einer Einladung an alle, einschließlich der Praktikanten, Aushilfen und Leiharbeiter, zeigen Sie Stil und Anstand. Schließlich möchten Sie den Zusammenhalt der Belegschaft untereinander stärken. Und es hätte einen faden Beigeschmack, wenn ausgerechnet Mitarbeiterin X, deren Vertrag im nächsten Jahr ausläuft, oder der neue Mitarbeiter keine Einladung zur Weihnachtsfeier bekommen würde. Sie können auch überlegen, ehemalige Mitarbeiter zur Weihnachtsfeier einzuladen, die schon in Rente sind – das zeugt von Wertschätzung.
2. Alle eingeladenen Mitarbeiter müssen auch zur Weihnachtsfeier kommen.
Irrtum! Wenn Mitarbeiter nicht zur Weihnachtsfeier kommen, ist das ihre Entscheidung. „Die Teilnahme an der Weihnachtsfeier ist nicht gesetzlich geregelt und für die Mitarbeiter nicht verpflichtend, sondern freiwillig“, sagt Arbeitsrechtsexpertin Oberthür. Dabei sei es egal, ob das Fest während oder nach der regulären Arbeitszeit stattfinde. Der Chef kann die Anwesenheit auf der Party nicht vorschreiben. Mitarbeitende müssen also nicht zur Weihnachtsfeier gehen, wenn sie keine Lust darauf haben.
3. Die Weihnachtsfeier gilt immer als Arbeitszeit.
Irrtum! „Nur, wenn die Weihnachtsfeier während der üblichen Arbeitszeit stattfindet, gilt sie auch als Arbeitszeit“, erklärt Nathalie Oberthür. Ein Beispiel: Ist die Weihnachtsfeier einer Marketingagentur an einem Mittwoch als gemeinsames weihnachtliches Mittagessen mit anschließendem Geschenkewichteln im Büro geplant, würde sie als Arbeitszeit gelten. Feiert ein Dachdeckerbetrieb dagegen Samstagabend, wäre diese Weihnachtsfeier keine Arbeitszeit.
4. Für die Weihnachtsfeier dürfen Mitarbeitende sich Überstunden und Spesen gutschreiben.
Irrtum! „Mitarbeiter, die an der Weihnachtsfeier teilnehmen, dürfen sich ohne ausdrückliche Zusage der Geschäftsführung weder Überstunden anrechnen noch Wegspesen verlangen“, sagt Oberthür. Schließlich gebe es auch keine Anwesenheitspflicht.
5. Mitarbeitende, die nicht mitfeiern wollen, müssen sich Urlaub nehmen.
Irrtum! Mitarbeitende, die nicht in Feierlaune sind, haben mehrere Optionen, müssen sich aber keinen Urlaub nehmen. Sind sie allerdings am Tag der Weihnachtsfeier, die während der regulären Arbeitszeit im Büro stattfindet, an ihrem Schreibtisch, dürfen sie nicht einfach nach Hause gehen. Vielmehr müssen die Mitarbeitenden im Büro bleiben und weiterarbeiten, erklärt Nathalie Oberthür.
Sollte durch die Weihnachtsfeier eine Weiterarbeit nicht möglich sein, zum Beispiel, weil der Betrieb ganz eingestellt und die Maschinen gestoppt sind, dürfen die Mitarbeitenden nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Arbeitgebers nach Hause gehen. Denn arbeitsrechtlich gilt: Eine von einem Arbeitgeber oder einer Arbeitgeberin verfügte Freistellung von der Arbeitsleistung, um eine Weihnachtsfeier abhalten zu können, gilt nur für diejenigen, die auch tatsächlich daran teilnehmen.
6. Wer mitfeiert, kann am nächsten Tag später zur Arbeit kommen.
Irrtum! Wer feiert, kann auch arbeiten. Ausnahmen müssen im Voraus gesondert vereinbart werden, so Oberthür. Es ist für die Chefin oder den Chef schon frustrierend, wenn sie am Abend zuvor ein Fest für alle organisiert haben, die Stimmung super war und das Team-Gefühl vermeintlich auch. Aber am nächsten Morgen sitzen sie alleine im Büro. Die einen kommen später, andere gar nicht. Da drängt sich vermutlich die Frage auf, ob einige krankfeiern.
7. Mitarbeiter, die krankgeschrieben sind, dürfen nicht zur Weihnachtsfeier kommen.
Irrtum! Unter bestimmten Umständen ist es auch möglich, dass Mitarbeiter krankgeschrieben sind und trotzdem zur Weihnachtsfeier kommen können. „Das hängt von der Art der Erkrankung ab“, so die Arbeitsrechtlerin. „Wenn die Teilnahme an der Weihnachtsfeier der Genesung nicht entgegensteht, darf ein Arbeitnehmer auch während der Krankheit teilnehmen.“ Eine Fitnesstrainerin, die ihren gebrochenen Arm auskuriert und deswegen keine Kurse geben kann, dürfte also trotz ihrer Krankschreibung an der Weihnachtsfeier in einem Restaurant teilnehmen.
8. Gegen Mitarbeitende, die sich richtig daneben benehmen, kann man nichts machen.
Irrtum! Es gelten dieselben Regeln, die auch sonst im Arbeitsalltag üblich sind. Die Beleidigung von Vorgesetzen und Kollegen, rassistische Äußerungen oder eine sexuelle Belästigung kann für den auffälligen Mitarbeiter schwerwiegende Folgen haben – von der Abmahnung bis zur fristlosen Kündigung, bestätigt Oberthür.
Das zeigt auch dieses Gerichtsurteil: Nachdem ein Arbeitnehmer seinen direkten Vorgesetzten auf der Weihnachtsfeier mehrfach beleidigt und mit Schimpfwörtern bedacht hatte, kündigte ihm der Arbeitgeber wenige Tage später fristlos. Die Gerichte hielten diese Kündigung für wirksam und der Betroffene war seinen Job los. Grobe Beleidigungen, auch auf einer Betriebsfeier außerhalb der Arbeitszeit, sind demnach ein erheblicher Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten (LAG Hamm, Urteil v. 30.06.2004 – 18 Sa 836/04).
9. Weihnachtsfeiergeschenke müssen auch an Mitarbeitende gegeben werden, die nicht da waren.
Irrtum! Wenn Sie als Arbeitgeber auf der Weihnachtsfeier Geschenke an die anwesenden Mitarbeitenden verteilen, haben die Zuhausegebliebenen darauf keinen Anspruch und können das Geschenk auch später nicht nachfordern. Das entschied das Arbeitsgericht Köln. In dem Fall hatte der Chef auf der Weihnachtsfeier jedem anwesenden Teammitglied ein Tablet geschenkt, mit einem Wert von rund 400 Euro. Vorher war diese Aktion nicht angekündigt gewesen. Eine Arbeitnehmerin, die zur Feier krankgeschrieben war und nicht teilgenommen hatte, klagte, um ebenfalls ein Gerät zu erhalten. Doch die Klage wurde abgewiesen (ArbG Köln, Urteil v. 18.10.2013, Az.: 3 Ca 1819/13).
10. Weihnachtsfeiern sind nicht steuerbegünstigt.
Irrtum! Es gibt Steuervorteile, aber sie hängen davon ab, wie üppig die Weihnachtsfeier ausfällt. Seit 2015 gilt: Eine Weihnachtsfeier bleibt steuerfrei, wenn die Kosten pro Kopf maximal 110 Euro betragen. Ausgaben, die über diesem Freibetrag liegen, müssen versteuert werden. Damit der Mitarbeiter nicht Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge zahlen muss, kann der Unternehmer einspringen – mit einer Pauschale von 25 Prozent Lohnsteuer.
Können die Angestellten ihre Angehörigen zur Weihnachtsfeier mitbringen, gilt Folgendes: Ihre Ausgaben werden den Angestellten zugerechnet. Der Freibetrag von 110 Euro wird demnach schnell erreicht. Dasselbe gilt auch für Weihnachtsgeschenke an die Mitarbeiter auf der Feier. Auch sie werden zu den 110 Euro hinzugezählt. Bei der Auswahl ist also Vorsicht geboten.
11. Ein Unfall auf der Weihnachtsfeier ist immer ein Arbeitsunfall.
Irrtum! Es kommt auch hier auf die Details an: Verletzt sich ein Mitarbeiter auf der Weihnachtsfeier, ist dies generell ein Arbeitsunfall – vorausgesetzt, es sind alle Mitarbeitenden eingeladen, die Feier hat das Ziel, das Betriebsklima zu verbessern, und die Chefin oder der Chef oder deren Stellvertreter sind anwesend. Dann gilt der Versicherungsschutz bis zum offiziellen Schluss der Veranstaltung, so die gesetzliche Unfallversicherung VBG.
Wenn kein offizielles Ende festgelegt wurde, können die Teilnehmer davon ausgehen, dass die Weihnachtsfeier weitergeht – solange der Chef anwesend ist. Wer danach noch weiterfeiert, muss bei einem Unfall damit rechnen, dass weitergehende Leistungen der Unfallversicherung, etwa eine Unfallrente, entfallen.
Die Expertin: Dr. Nathalie Oberthür ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei RPO Rechtsanwälte.